Der Sekundarlehrer von Rita wollte sie aus der Klasse entfernen lassen, koste es was es wolle. Deshalb behauptete er, sie habe ihrer Kollegin Ivana 10 Franken gestohlen. Rita hatte keine Chance, sich gegen diese Beschuldigung ihres Lehrers zu wehren. Aufgrund dessen wurde sie in ein Erziehungsheim gesteckt! Das einzige, was Rita dann getan hat, war, dass sie immer wieder ausgerissen ist, um bei ihrer einzigen Bezugsperson, ihrem Grossvater, zu sein. War das Grund genug, um sie ins Frauengefängnis zu bringen?
Diese grausame Zeit hat sie nunmehr 45 Jahre getragen. Ganz zu schweigen von der Angst, dass es jemand erfährt, denn niemand hätte ihr geglaubt, dass sie unschuldig im Frauenknast Hindelbank war. Nur dank Ursula Biondi (selber Betroffene 1967), der intensiven Recherchen von Dominique Strebel, Redaktor des «Beobachters» und der Historikerin Tanja Rietmann aus Bern, kommt diese grosse Ungerechtigkeit nach so vielen Jahren endlich ans Tageslicht.
Der ehemalige Gefängnisdirektor Fritz Meyer macht es sich zu einfach mit seiner heutigen Aussage «Ich stand unter dem Druck der Behörden.» Eigentlich war es der grösste Wunsch von Rita Schreier, diesen beiden Herren, die sie so leiden liessen, noch einmal in die Augen zu schauen, ihnen die Fragen von Angesicht zu Angesicht zu stellen und sie zu fragen, wie sie heute über ihr damaliges Handeln denken und ob sie niemals Gewissensbisse hatten.
Vergessen wird sie diese schwere Zeit niemals. Auch wenn Rita heute zu all diesen schrecklichen Vorkommnissen Stellung genommen hat, vergessen wird sie diese schwere Zeit niemals. Den erlittenen seelischen Schaden wird sie wohl ihr Leben lang davontragen. Beinahe schizophren an der Sache ist, dass Rita ihren Gefängnisaufenthalt auch noch von ihrer Waisenrente selber berappen musste. Rita hofft, dass so etwas nie mehr passieren kann. Deshalb fordert sie zusammen mit anderen Betroffenen von den heutigen zuständigen Behörden als moralische Wiedergutmachung, sich wenigstens bei den damaligen Betroffenen zu entschuldigen.