«Ich hatte sehr starkes Heimweh nach meiner Mutter. Wir durften nicht mal zusammen bleiben. Nach 3 Jahren wurde ich aus dem Heim entlassen. Da ich im Akkord gearbeitet hatte, konnte ich rund 3000.- Fr. sparen. Das war sehr viel Geld im Jahre 1966. Ich habe den Wunsch geäußert, zu meiner Mutter nach Freiburg zu ziehen. Aber der Vormund war dagegen. Stattdessen hat er mir eine Stelle im Kantonsspital St. Gallen gesucht, als Putzkraft. Wie viel ich dort während einem guten Jahr verdient habe, wusste ich nie. Ich bekam 100.- Fr. im Monat. Damit konnte ich mir den Zug nach Freiburg nicht leisten. Mein größter Wunsch war nach wie vor, zu meiner Mutter zu ziehen. Zweimal bin ich per Autostop nach Freiburg gefahren. Nach dem ersten Mal hat mir der Vormund mit Hindelbank gedroht. Ich konnte das nicht glauben, denn ich hatte ja nichts verbrochen. Meiner Meinung nach gehörten nur Kriminelle ins Gefängnis. Nach dem zweiten Besuch in Freiburg wurde ich dann 1967 nach Hindelbank gebracht. Das war schrecklich. Zusammen mit Kriminellen habe ich dort zuerst in der Waschküche, danach in der Küche gearbeitet. Nach einem Jahr wurde ich entlassen und durfte endlich zu meiner Mutter. Die Vormundschaft dauerte nur noch wenige Monate.
Die 3000.- Fr. die ich gespart hatte, habe ich nie gesehen. Ich hatte nie den Mut, mich zu wehren. Ich hätte nie gedacht, dass man Kinder aus armen Verhältnissen so ausnutzt. Die Sehnsucht nach meiner Mutter hat mich ins Gefängnis gebracht. Eine Entschuldigung der Vormundschaftsbehörde oder des Vormundes ist überfällig, um uns endlich unsere Menschenwürde, die uns in der Gefängniszelle in Hindelbank geraubt wurde, zurückzugeben.»